Aus der Geschichte Warendorfs:
Als in Warendorf der Kaffeegenuss verboten war
von Wolfgang Reisner (1. 3. 2022)

Die absolutistischen Staaten des 18. Jahrhunderts regelte durch mancherlei Verbote das Leben ihrer Untertanen. Ein solches Beispiel ist ein 1766 für das Fürstbistum Münster, zu dem Warendorf gehörte, erlassenes Verbot des Trinkens von Kaffee und Tee für die Unterschicht - „von geringer Handthierung lebenden Unterthanen, so wie den Dienstboten und Armen“ - und für die auf dem Lande und in Dörfern wohnenden „freien und schatzpflichtigen Bauern, Kötter, Brinksitzer [Kleinbauern oder Heuerlinge am Rande des Dorfes oder der Mark] und von ihrer Handarbeit lebenden Individuen“. Begründet wurde das Verbot, das der Landesherr Fürstbischof Maximilian Friedrich von Königsegg-Rothenfels, am 24.8.1766 auf Antrag der Landstände erließ, damit, um der „gar zu stark eingerissenen, und auf eine verderbliche und verschwenderische Weise fortgesetzt werdenden Thee- und Kaffee-Trinken Ziel und Maaß zu setzen“. Das Verbot galt in und außerhalb der Wohnungen. Für Übertretungen wurde eine Strafe von drei Reichstalern angedroht. Diese Strafe traf auch Gastwirte, die diesem Personenkreis Tee oder Kaffee ausschenkten. Das Verbot galt nicht für wohlhabendere Bürger, den Adel und die Geistlichkeit. Ein kleines Hintertürchen räumte der Landesherr Auch für die Unterschicht ein: Der vom Verbot betroffene Personenkreis konnte jährlich für zwei Reichstaler, die in die Landeskasse flossen, einen Erlaubnisschein für die gesamte Familie lösen. Es wurde bestimmt, dass schon der bloße Besitz von Kaffee oder Tee und des dafür notwendigen Geschirrs ebenfalls mit drei Reichstalern Strafe belegt war. Wer die Übertretung dieses Verbotes anzeigte, erhielt ein Drittel der verhängten Strafe. Es wurde auch bestimmt, dass Kaufleute Geldforderungen für an diesen Personenkreis verkauften Kaffee und Tee nicht einklagen konnten.

Dieses Verbot – „zum Besten der Unterthanen“ - geschah nicht, um die Bevölkerung vor gesundheitlichen Gefahren zu schützen. Dann hätte man generell den Kaffee- und Teegenuss verbieten müssen. Es ging bei der damals herrschenden Wirtschaftspolitik des Merkantilismus darum, zu verhindern, dass für die aus fernen Ländern kommenden Dinge sehr viel Geld ins Ausland abfloss. Dabei mag auch die Überlegung mitgespielt haben, Minderbemittelte davor zu bewahren, ihr Geld für teuren Kaffee oder Tee auszugeben. Nach dem Ratsprotokoll vom 21.2.1772 wurde vom Warendorfer Rat verfügt, dass den Armen die Almosen, die teils aus Brot und teils aus Geld bestanden, am Sonntag nachmittags erst nach der Christenlehre auszuteilen seien, um einmal diesen Personenkreis zum Besuch der Christenlehre anzuhalten und ihnen dadurch den Anlass zu nehmen, die Gelder für Tee oder Kaffee auszugeben.

 

Auf merkantilistischen Überlegungen beruhte auch, dass bei der Bestätigung der Rolle des Krameramtes 1632 Fürstbischof Clemens August von Bayern den Warendorfer Kaufleuten  den Handel mit verschiedenen Importwaren wie z.B. Seide, ausländischen Strümpfen, Kaffee, Tee, Zucker, Safran, Ingwer und anderen Spezereien aus fremden Ländern verbot. Auch in anderen Staaten waren solche Kaffeeverbote erlassen worden. So war für das zum Kurfürstentum Köln gehörende Herzogtum Westfalen, das das sogenannte Kölnische Sauerland umfasste - im Wesentlichen der heutige Kreis Olpe und der Hochsauerlandkreis -, am 23.12.1766 vom Kurfürsten Maximilian Friedrich von Königsegg-Rothenfels, der gleichzeitig Fürstbischof von Münster war, den Gewerbetreibenden der Groß- und Einzelhandel mit Kaffee sowie allen Bürgern, Bauern, Arbeitern und den Dienstboten der Genuss von Kaffee unter Androhung von Geldstrafen verboten worden. Gleichzeitig wurde befohlen, alles Kaffeegeschirr abzuschaffen. Auch hier gab es Ausnahmen für die „höheren Stände“, denen der Bezug von Kaffee aus dem Ausland und dessen mäßiger Genuss für sich und ihre Kinder gestattet wurde. Da diese Verordnung und eine ähnliche 1767 für das Vest Recklinghausen erlassene Verordnung, die das Kaffee- und Teetrinken einschränken sollten, keinen Erfolg hatten, wurde 1770 der Verkauf und Genuss des Kaffees wieder erlaubt. Es hatte nur jeder Einwohner höheren Standes jährlich einen Erlaubnisschein für vier Taler zu lösen. , da es wohl keine Wirkung hatte.ie ärmeren Einwohner hatten vierteljährlich einen Taler für die Erlaubnis zu zahlen, Kaffee trinken zu dürfen. Im Jahre 1781 wurde, um dem „sehr stark eingerissenen Uebel des Kaffeetrinkens zu steuern“ für das Herzogtum Westfalen und für das Vest Recklinghausen jeder Handel mit rohem und geröstetem Kaffee sowie das Ausschenken von Kaffee unter Androhung von Geld- und Zuchthausstrafen verboten. Die Einfuhr von Kaffee war nur in Mengen von mehr als 50 Pfund, die nicht von mehreren Personen bezogen und geteilt werden durften, erlaubt. Hausfrauen wurde untersagt, ihren Dienstboten das Kaffeetrinken zu erlauben.

Auch den preußischen König Friedrich II. ärgerte es, dass für Kaffee jährlich mehr als 700.000 Taler ins Ausland flossen. Da auch eine hohe Besteuerung keine Wirkung zeigte, wurde 1781 angeordnet, dass mit Ausnahme des Adels, der Geistlichkeit, des Militärs und der höheren Beamten die Bevölkerung nur von eingerichteten staatlichen Kaffeebrennereien gerösteten Kaffee in amtlich verschlossenen Büchsen zum Preis von einem Taler für 24 Loth [ein Loth entsprach ca. 16 Gramm] erwerben konnten. Zur Überwachung des Verbotes, selbst Kaffee zu rösten, wurden Steuerbeamte, meist Kriegsinvaliden, eingestellt, im Volksmund „Kaffeeriecher“ genannt, die auf den Straßen nach dem Duft von geröstetem Kaffee fahndeten. Diese Kaffeeriecher hatten das Recht, in den Häusern nach ungeröstetem und unversteuertem Kaffee zu suchen.

 

 
Preußische Kaffeeriecher im Einsatz, Gemälde von L. Katzenstein, aus:  Die Gartenlaube, Jahrgang 1892, Heft 8, S. 257, hier aus Scans bei Commons

 

Nur gelegentlich findet man etwas über Kaffee und Tee in den Warendorfer Ratsprotokollen. Im Jahre 1749 trug der Imposteneinnehmer Cloedt [Imposten = städtische Einfuhrabgaben] dem Rat vor, dass ein Jude Jakob, versucht habe, für einen Sack von über 100 Pfund Kaffeebohnen die fälligen Akzisen zu hinterziehen. Jakob gestand es. Der Rat schlug ihm einen Vergleich vor. Bis dahin nahm man  die Kaffeebohnen im Rathaus in Verwahrung. Im Jahre 1741 scheint ein Händler aus Rheda Akzisen für Tee hinterzogen zu haben. Er übergibt zumindest vier Reichstaler Strafe und bittet in der Ratssitzung vom 8.3.1741 Bürgermeister und Rat, ihm die Hälfte der Strafe zu erlassen.

 

Durch eine landesherrliche Anordnung vom 6.12.1785 wurde im Fürstbistum Münster das Verbot des Tee- und Kaffeetrinkens wieder aufgehoben, da es wohl keine Wirkung hatte.

 

Quellenverzeichnis:

J.J. Scotti, Sammlung der Gesetze und Verordnungen, welche in dem Königl. Preuß. Erbfürstentum Münster und ... über Gegenstände der Landeshoheit, Verwaltung und Rechtspflege ergangen sind, Münster, 1842

Ratsprotokolle und Kämmereirechnungen der Stadt Warendorf, Bände 9, 10, 11 der Warendorfer Geschichtsquellen

F. Ebertyx, Geschichte des Preußischen Staates, 5. Band, Breslau 1870, S. 33

 

 

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