Die Warendorfer Bürgermeister in den turbulenten Nachkriegsjahren ab 1945
Heinrich Blum 1884-1964  Bürgermeister 1945
Aloys Zurbonsen 1884-1950 Bürgermeister 1945
Heinrich Temme 1879-1963 Bürgermeister 1945
Theodor Lepper 1889-1979 Bürgermeister 1945
Otto Freund 1889-1977 Bürgermeister 1946 - 1948
 von Mechtild Wolff

 Am 8. Mai 1945 brach mit der bedingungslosen Kapitulation das „Dritte Reich“ zusammen. In Warendorf war die Herrschaft der Nationalsozialisten aber schon seit Ostern beendet, die Befehlsgewalt lag nun bei den Siegermächten. Warendorf gehörte zur britischen Besatzungszone. Obwohl die Stadt von Bombenschäden verschont geblieben war, hatte der Krieg viel Leid über die Bevölkerung gebracht. Über 500 Warendorfer hatten ihr Leben verloren und genauso viele wurden noch vermisst. Viele Soldaten waren noch in Kriegsgefangenschaft, die letzten kehrten erst 1955 heim. Es herrschte Mangel an Nahrungsmitteln, an Kleidung, an Möbeln und an Wohnraum, der mit Flüchtlingen und Evakuierten geteilt werden musste. Auch für die Besatzungsmacht mussten viele Häuser geräumt werden.

 
Heinrich Blum  
Direkt nach der Kapitulation sollte die politische Verantwortung wieder auf die deutschen Bürger übertragen werden. Vorher musste eine Entnazifizierung durchgeführt werden. Dabei überprüfte die Militärregierung - das waren zuerst die Amerikaner, dann die Kanadier und Engländer - die politische Vergangenheit aller Bürger, die ein öffentliches Amt anstrebten. An Oberstudienrat Heinrich Blums Integrität gab es keinen Zweifel, darum ernannte ihn die Besatzungsmacht am 3. April 1945  nach der Übergabe der Stadt Warendorf an die Amerikaner zum Bürgermeister. Als Englischlehrer hatte er sehr gute Englischkenntnisse,  das war sehr hilfreich für die Verständigung mit den Alliierten. Heinrich Blum wollte aber auf keinen Fall Bürgermeister bleiben. Auf seine Bitte hin ernannte der amerikanische Ortskommandant am 5. April den Rechtsanwalt Aloys Zurbonsen zum Warendorfer Bürgermeister. Der musste nun schnell die vielfältigsten Probleme lösen. Am vordringlichsten war die Versorgung der Flüchtlinge, eine schier unlösbare Aufgabe, denn überall herrschte Mangel. Um Flüchtlinge und Evakuierte mit dem Notwendigsten zu versorgen, wurde von der einheimischen Bevölkerung Kleidung, Wäsche, Haushaltsgegenstände und Bettwäsche zwangsweise requiriert.

Auch wenn es viele Alltagsprobleme zu lösen galt, war es Bürgermeister Zurbonsen ein Herzensanliegen, das Heimatfest Mariä Himmelfahrt wieder in gewohnter Tradition zu feiern.

Textfeld: Bogen an der Freckenhorster Straße mit Kirchenfahnen

Er überzeugte die Militärregierung, die Massenveranstaltungen lieber vermeiden wollte, dass „der mit dem Fest Mariä Himmelfahrt verbundene Heimatgedanke und die Pflege dieser Überlieferung gehütet werden müssen“. So konnte am 19. August 1945 die Mariä Himmelfahrtsprozession wieder stattfinden, die Häuser der Innenstadt waren mit den rot-weißen Kirchenfahnen und Blumen geschmückt und in den Schaufenstern standen wieder Marienbildnisse mit Kerzen und liebevollem Blumenschmuck. Die Aufstellung der Bögen und die Illumination der Stadt mussten allerdings bis zum nächsten Jahr warten. 1946 wurden die Bögen wieder nach alter Tradition mit Kirchenfahnen geschmückt.

Leider konnte Aloys Zurbonsen das Amt des Bürgermeisters nicht lange behalten, denn er wurde zum Landrat des Kreises Warendorf bestimmt. Unbelastete Führungskräfte wurden in allen Ämtern gesucht.

 

Zum neuen Warendorfer Bürgermeister wurde nun der Sassenberger Amtsbürgermeister Heinrich Temme berufen. Er konnte zusammen mit Schulrat Pelster am 13. August 1945 die Öffnung der Volksschulen bei der britischen Militärregierung durchsetzen. Die beiden Gymnasien mussten bis zum 8. Dezember warten, denn viele Lehrer hatten noch keine Entnazifizierung und die Schulgebäude waren noch von den Militärbehörden beschlagnahmt. Am 1. Februar 1946 war auch Bürgermeister Temmes Amtszeit beendet, er hatte das Pensionsalter erreicht und schied aus dem Dienst.

1945 Wiedereröffnung der Volksschule an der Dammschule

 

Theodor Lepper
Der Ortskommandant übertrug nun die Amtsgeschäfte kommissarisch dem langjährigen Warendorfer Stadtrentmeister Theodor Lepper, der schon in den letzten Kriegstagen, als Bürgermeister Haase sich aus dem Staub gemacht hatte, die Amtsgeschäfte übernommen und sich als sehr umsichtig erwiesen hatte. Diese ersten Bürgermeister nach dem Krieg waren noch hauptamtlich tätig, sie waren Leiter der Verwaltung und Repräsentanten der Stadt. Erst ab 1946, mit der Einführung des hauptamtlichen Stadtdirektors, übte der Bürgermeister sein Amt ehrenamtlich aus.

Am 29. April 1946 wurde das Beiratsmitglied Otto Freund zum ehrenamtlichen Bürgermeister gewählt. Er war früher Stadtkassenrendant gewesen, war aber beim NS-Regime in Ungnade gefallen. Jetzt übernahm er neben dem Bürgermeisteramt auch die Aufgaben des noch zu wählenden Stadtdirektors. Das nach wie vor brennendste Problem war die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge. Es wurde ein „Flüchtlingsbeirat“ eingerichtet, der paritätisch von Einheimischen und Flüchtlingen besetzt war und die größte Not zu lindern versuchte. Außerdem gab es einen „Erfassungs- und Ernährungsausschuss“, der durch die Erfassung aller Lebensmittel beim Erzeuger und durch strikte Ablieferungsbestimmungen eine Hungersnot verhindern sollte. All das musste von der Verwaltung, die mit ganz geringen Finanzmitteln ausgestattet war, organisiert und kontrolliert werden.

Trotz der schwierigen Bedingungen lag Otto Freund die Verschönerung seiner Heimatstadt sehr am Herzen. Er setzte schon in seiner ersten Ratssitzung den Tagesordnungspunkt: „Neugründung des Heimatvereins“ auf die Tagesordnung und es kam im September 1947 zur Neugründung des „Ortsheimatvereins Warendorf“. Erster Vorsitzender wurde Bürgermeister Otto Freund selbst. Sein Ziel war es, eine Ortssatzung zur Pflege des Stadtbildes und zum Schutz gegen Verunstaltungen in der Stadt Warendorf zu schaffen.

Am 1. August 1946 wurde dann Dr. Paul Menne zum Stadtdirektor gewählt. Nun endlich kehrt Ruhe und Kontinuität in die Führungsspitze der Stadt ein, so dachten die Warendorfer. Aber weit gefehlt, im Januar 1947 wurde Stadtdirektor Dr. Menne beurlaubt und Otto Freund übernahm erneut seine Amtsgeschäfte, bis am 1. Juli 1947 der aus Berlin kommende Stadtdirektor Dr. Alfred Schmitz in das Amt eingeführt werden konnte.

   
Der Grabstein von Otto Freund lagert nach auf dem Friehof und wartet auf seinen Ehrenplatz   Requirierung von Kleidung unter Bürdermeister Zurbonsen

 

Im Oktober 1948 fanden die ersten demokratischen Wahlen statt und es galt als sicher, dass Otto Freund zum Bürgermeister gewählt werden würde, denn er stand bei der gerade gegründeten CDU auf Platz 1 der Reserveliste. Die Christdemokraten gewannen aber wider alle Erwartungen bei dieser Ratswahl alle Direktmandate, die Reserveliste zog nicht und Otto Freund konnte nicht in den Rat einziehen und somit auch nicht zum Bürgermeister gewählt werden. Aus den Reihen der Ratsmitglieder wurde Josef Heinermann zum Bürgermeister gewählt. Nun trat Stabilität in das Bürgermeisteramt ein, denn der tüchtige und beliebte Bürgermeister Josef Heinermann blieb bis zu seinem allzu frühen Tode 1956 im Amt. In dieser Zeit wurden viele Probleme aus der Kriegszeit gelöst und neue Wege geebnet.

 

 

 

 

 

 

Mechtild Wolff

 

Quellen: Geschichte der Stadt Warendorf 2000

Bilder: Bildarchiv der Altstadtfreunde

          und Archiv der Firma Darpe

 

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