Zu
Fettmarkt gehört ein Töttchen, das war schon für uns
Kinder selbstverständlich. Lange vor dem ersehnten Fest - da war
richtig was los in Warendorf - wurde herumgehört: „Wo gibt es in
diesem Jahr das beste Töttchen, bei Buller, bei Middendorf oder
bei Porten oder bei Gröne-Johann?“
Erst der unverwechselbare Duft des Töttchens vermittelte uns das richtige
Fettmarktgefühl. Am Fettmarkt-Mittwoch kamen die Bauern von weit
und breit in die Stadt, manchmal noch mit Pferd und Wagen. Der
erste Gang führte sie in eine Gastwirtschaft, um sich
aufzuwärmen und zu stärken. Natürlich mit einem Töttchen, denn
das war die beste Unterlage für den ausgiebigen Rundgang über
den Viehmarkt, wo jeder Handel mit einem Schnaps besiegelt
wurde. Zu dem Töttchen gehörte natürlich ein Schnaps. „Sonst
bekommt es nicht!“ sagte mein Großvater.
Früher wurde viel mehr Schnaps als Bier getrunken. Kalli Buller erzählt, dass in seiner
Gaststätte an der Emsstraße immer ein 200 Liter Fass Schnaps lag
und man glaubte nicht, wie schnell das leer war. Der Schnaps
wurde in Huildöppkes ausgeschenkte, die 2,5 cl fassten. Das war
schon ein ordentlicher Schluck.
Den gönnten sich die Bauern auch Sonntags morgens, wenn sie bei
Wind und Wetter zur Kirche kamen. Waren die Pferde ausgespannt,
bestellte man sich ein Huildöppken. Das wurde vor der Messe halb
leer getrunken, die 2. Hälfte gab es nach der Messe. Es soll
nicht selten vorgekommen sein, dass jemand sich während der
Predigt aus der Kirche schlich, um nach seinem Schnaps zu gucken
und ein wenig zu kosten.
Warum ist gerade Töttchen
das Traditionsessen zu Fettmarkt? Mit der kalten Jahreszeit
begann die
Schlachtsaison.
Auf den Bauernhöfen und in ganz vielen Stadthaushalten wurde ein
Schwein, ein Rind oder gar ein Kalb geschlachtet und verwurstet.
Nur, was tun mit dem Kopf des Tieres? Verkommen ließ man nichts!
In vielen Familien war es üblich, den Kopf den Armen zu
schenken. Die kochten ihn zusammen mit Beinfleisch (zum
Gelieren), suchten das Kleinfleisch sorgfältig ab, verschmorten
es mit Zwiebeln und schmeckten mit Gewürzen etwas Essig ab. Ein
leckeres Ragout!
Lange Jahre galt das
Töttchen als „Arme-Leute-Essen“, bis es auch von der etablierten
Bürgerschicht als Köstlichkeit entdeckt wurde. „Das Fleisch, das
nahe am Knochen wächst, ist immer das beste!“ So sagte schon
meine Großmutter.
Auch der Bürgermeister wusste ein Töttchen zu Fettmarkt sehr zu
schätzen, wenn er mit den Stadträten und Honorationen der Stadt
und verdienten Bürgern seinen Rundgang über den Fettmarkt machte
und an so manchem Stand ein Schnäpschen trinken musste. Eine
solide Töttchen-Grundlage war da sehr wichtig.
Diese Tradition ist eine liebenswerte Facette unserer Stadt. Nur
wenn diese und weitere Traditionen sorgfältig gepflegt werden,
bleibt der unverwechselbare Charme unserer Stadt erhalten.
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